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Last Updated on 29. November 2021 by Marita

Vor einiger Zeit las ich einen Artikel in einer Eltern-Zeitschrift zum Thema Geschwisterstreit. Darin wurde eine amerikanische Studie zitiert, demnach „streiten sich Drei- bis Siebenjährige 3,5 mal“…. an dieser Stelle musste ich umblättern, was mir etwas Zeit zum Nachdenken verschaffte. Daher ist mir dieser Satz so im Gedächtnis geblieben. Ist es 3,5 mal pro Tag? Nein, es ist 3,5 mal pro Stunde, also etwa alle 17 Minuten, fast viertelstündlich! Und das ist also ganz „normal“! Weniger anstrengend für die mütterlichen Nerven wird es mit dieser Erkenntnis allerdings auch nicht…

Schon in meiner eigenen Kindheit, als ich mich mit meinem Bruder gefetzt habe, hieß es: „Kinder sind Edelsteine und müssen sich fürs Leben abschleifen!“ Daraus wurde bei uns das geflügelte Wort „Wollen wir uns schleifen?“ – und los ging’s! Manchmal macht es ja auch einfach Spaß zu toben und zu balgen, leider eskaliert es schnell oder einer verletzt sich dabei. Anders als beim gegenseitig vereinbarten Gekabbel mit meinem Bruder streiten sich meine drei Kinder gefühlt ständig über Nichtigkeiten: wer mehr zu trinken im Glas hat, wer wo auf dem Sofa sitzen darf, wer zuerst die Haferflocken bekommt und an wen die Packung dann als nächstes weitergereicht wird… und mein absoluter „Lieblingsstreitgrund“: Wer welche Figur beim Sandmännchengucken ist! („Ich bin das Mädchen!“, „Nein, das bin ich schon!“, „Dann bin ich alle anderen Kinder!“, „Du kannst nur eins sein!“ – Häh? Worüber streiten die sich bitte gerade?! Ich verstehe es einfach nicht!)

Warum streiten sich Geschwister?

Die Entwicklung der Konfliktfähigkeit ist ein wichtiger Lernprozess. Gerade im Umgang mit ihren Geschwistern lernen Kinder unglaublich viel: sich durchzusetzen und nachzugeben, zu verhandeln und ihre Position zu behaupten, zu diskutieren und nach und nach hoffentlich auch nicht mehr gleich loszuschreien oder zu hauen. Es ist also nicht nur normal, sondern gut und wichtig – letztlich waren die Geschwister bei uns einer der Gründe, warum Tom jetzt bei uns lebt, um nämlich genau diese sozialen Fähigkeiten besser entwickeln zu können.

Gerade gestern hatten wir wieder so eine Situation: Anna spielt friedlich in ihrem Zimmer, Tom kommt dazu und nimmt ihr ein Spielzeug weg und schubst sie um. Eine offensichtliche Provokation! Ja, es nervt mich! Es ist anstrengend. Und – bevor ihr euch fragt – nicht immer schaffe ich es, angemessen ruhig und verständnisvoll darauf zu reagieren. Aber mit etwas Abstand kann ich die Situation neu anschauen und anders bewerten als mit dem augenscheinlichen „Der will nur provozieren!“

Einer meiner Grundsätze ist, dass jede Handlung zur Erfüllung eines persönlichen Bedürfnisses dient, und zwar „für sich selbst“ und nicht „gegen andere“ gerichtet ist. Ich suche also nach den guten Gründen hinter dem Verhalten. Welche Bedürfnis erfüllt sich Tom damit, seine Schwester zu ärgern? Mir fallen ein: Zugehörigkeit, Verbindung, gesehen werden, Aufmerksamkeit und den Wunsch, eigentlich gemeinschaftlich etwas zu machen; vielleicht auch Selbstwirksamkeit (mein Tun und meine Worte haben eine Auswirkung). Seine gewählte Strategie ist natürlich sehr ungünstig zur Erfüllung seines Wunsches nach Verbindung, aber vermutlich fällt ihm in dem Moment einfach keine bessere ein. In der Patchwork-Situation stecken sicherlich noch andere Aspekte hinter dem Verhalten. Fühlt er sich zurückgestellt hinter den Schwestern? Vermisst er seine Mutter? Hat er (zu viel) Druck in der Schule, für den er ein Ventil braucht? Bis vor einem Jahr ist er ja hauptsächlich als Einzelkind aufgewachsen und hat noch nicht so viel Übung im Umgang mit Geschwistern. Es ist ein langer, schwieriger Lernprozess…

Wie kann ich als Elternteil damit umgehen?

Die grundlegende Frage nach den Bedürfnissen hinter dem Streiten ist schon ein wichtiger Schritt. Kinder haben oft noch keine Kontrolle über ihre Gefühle wie wir Erwachsene. Da kann es hilfreich sein, die Gefühle zu benennen: „Oh, du bist wohl ganz schön sauer!“ und im nächsten Schritt zu akzeptieren. Es ist in Ordnung, sich zu ärgern oder frustiert zu sein, ein „Jetzt vertragt euch doch!“ führt eher zum Gegenteil. Nicht immer wird ein Schiedsrichter in Form von Mama gebraucht, oftmals bekommen die Kinder selbst ihre Sachen geregelt, aber wenn ich mich doch „einmische“, dann nur moderierend und ohne Partei zu ergreifen. Die Schuldfrage zu klären, hilft nicht unbedingt weiter, besser ist es, nach Lösungen zu suchen – und hier wieder so, dass die Bedürfnisse aller befriedigt werden.

Ein Tipp zum Schluss: Schöne Momente bewusst wahrnehmen

“Catch them being good” – oft liegen zwischen dem friedlichen Miteinanderspielen und dem Geschwisterstreit nur ein paar Minuten. Leider komme ich oft erst dann in die Situation, wenn es laut wird und sehe dann das Negative und reagiere darauf. Genau hinzuschauen, wenn gerade nichts passiert, diesen Frieden, die Ruhe und glückliche Atmosphäre bewusst wahrzunehmen und sich beim nächsten Streit daran zu erinnern – das ist eine gute Basis für eine positive Familienatmosphäre.

Sehr lustig ist übrigens das Video der Knallerfrau Martina Hill zum Thema Geschwisterliebe.

PS: Wie ist das bei dir? Streiten sich eure Kinder auch darüber, wer welcher fiktive Charakter im Fernsehen ist (diese Frage interessiert mich wirklich brennend!)? Erzähl es mir in unserer Facebookgruppe!

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Das hat geklappt!

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