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Last Updated on 2. März 2022 by Marita

Heute öffne ich meinen Werkzeugkoffer und stelle Dir eine Methode zur Konfliktlösung vor: das 6-Stühle-Modell. Das verwendete Beispiel im Video ist eine Kundenreklamation, es ist aber natürlich für alle anderen Konflikte ebenso anwendbar.

Wie die menschliche Seele tickt

Menschen ticken immer gleich. Die menschliche Seele macht keinen Unterschied, ob sie jetzt gerade wütend ist, weil das Kind sie nervt, der Partner gerade etwas Blödes gesagt hat oder eben weil man frustriert ist mit einem gewissen Produkt. Das heißt, die sprachlichen Möglichkeiten, die Du hast, um Deinen Kunden oder Deinen Partner – je nachdem, wen Du da gerade gegenüber hast – abzuholen und wertschätzend zu behandeln, aufzufangen und empathisch zu begleiten, diese sind in beiden Fällen gleich.

Im Konfliktfall sachlich bleiben und schnell eine Lösung finden?

Deshalb geht es im Video als Beispiel um eine Kundenreklamation: “Ihr blödes Produkt taugt nix!” Wie gehst Du dann mit so einer Äußerung um? Wir sind alle darauf gedrillt worden, möglichst sachlich zu bleiben. Wir wollen ganz schnell Lösungen finden. Deshalb sagst Du vielleicht folgendes: “Das tut mir leid. Wollen Sie Ihr Geld zurück oder wollen Sie ein neues Produkt haben?” Sagen wir mal der Einfachheit halber, der Kunde hat einen Stift bei Dir gekauft und sagt: “Der taugt nix! Der schreibt überhaupt nicht!” Und Du sagst: “Ok. Wollen Sie einen anderen Stift haben oder wollen Sie Ihr Geld zurück?” Das geht völlig an der menschlichen Seele vorbei.

Es geht nicht um die Lösung. 

Was der Kunde gerade eigentlich braucht, ist, dass jemand sagt: “Oh, Du bist grad ganz schön wütend. Das ärgert Sie gerade, dass der Stift nicht funktioniert!” Ja, genau das will der erstmal loswerden! Das ist der erste Punkt, den ich Dir mitgeben möchte: Es geht nicht in erster Linie um die Lösung. Sondern es geht darum, gesehen zu werden. Jeder Mensch hat das Grundbedürfnis, mit dem Gefühl, das gerade in ihm ist und dem, was es gerade braucht und worum es ihm geht, wirklich gesehen und verstanden zu werden.

Es geht darum, gesehen zu werden.

Deshalb möchte der Kunde gern, dass jemand sagt: “Oh, das ärgert Sie gerade. Es ist Ihnen wichtig, wenn Sie ein Produkt zu einem gewissen Preis kaufen, dass Sie sich dann auch auf die Qualität verlassen können.” Ja. Das entspannt ihn: Gesehen zu werden mit dem, was gerade los ist, mit der Wut, dem Frust, dem Genervtsein und dem, was er braucht, nämlich Bestätigung und Empathie. Er möchte Verständnis haben. Er möchte hören, dass es okay ist, dass er jetzt genervt ist. Das ist sein “gutes Recht”. Der Schritt mit der Lösungsfindung kommt erst an zweiter Stelle.

Das 6-Stühle-Modell zur Konfliktlösung

Um Dir das zu veranschaulichen, habe ich ein kleines Modell gezeichnet. Das ist das 6-Stühle-Modell. Es gibt immer zwei Stühle, die sich gegenüberstehen. Das ist einmal der Ich-Stuhl, einmal der Du-Stuhl und einmal der Wir-Stuhl. Gedanklich kannst Du Dir das so vorstellen, wenn ihr euch in einem Konfliktgespräch befindet, dass jeder von euch immer auf einem dieser Stühle sitzt.

Konfliktmodell 6 Stühle Skizze

Standardmäßig fangen wir hier oben auf dem Ich-Stuhl an. Der Kunde kommt herein mit seiner Meinung und seiner Beschwerde.

Definition: „Problem = ein Bedürfnis ist gerade nicht erfüllt“

Sein Problem ist, dass sein Bedürfnis, sich auf Qualität verlassen zu können, gerade nicht erfüllt ist. Er sagt: “Verdammt noch mal! Ihr blödes Produkt taugt nix!” Was er jetzt braucht, ist, dass Du auf diesen Du-Stuhl gehst und sagst: “Lieber Kunde, ich sehe Dich mit Deinem Frust.” Was häufig passiert ist, dass Du entweder auf den Wir-Stuhl hüpfst und gleich mit der Lösung kommst. Hier unten entstehen die Lösungen. Die werden da diskutiert und ausgehandelt oder vorgeschlagen. Das ist auch in Ordnung. Aber dazwischen ist der wichtige Schritt: Der Du-Stuhl.

Definition: „Konflikt = zwei Bedürfnisse sind (scheinba) nicht vereinbar“

Was auch oft passiert, ist, dass Du Dich auch den Ich-Stuhl setzt und sagst: “Also Moment mal, nicht in diesem Ton!” Dann ist es nicht mehr nur ein Problem, sondern dann habt ihr wirklich einen Konflikt. Denn dann habt ihr jeder ein Bedürfnis, das gerade nicht erfüllt ist und schon dauert es viel länger, das Problem zu lösen.

Was der andere jetzt braucht, ist, dass sich jemand auf den Du-Stuhl setzt. Einfach mal bei ihm ist, zuhört und sagt: “Was ist denn bei Dir los? Du bist grad echt sauer. Das ist auch ätzend. Jetzt musstest Du extra nochmal herkommen. Das ist so umständlich. Du hast jetzt Deine Zeit dafür geopfert.” Das möchte der mal hören, das entspannt ihn.

Empathie nimmt die Spannung aus der Situation

Wenn Du diesen Zwischenschritt in einem Konflikt einfach machst, ist es so: Der andere ist ja sehr wütend. Die Stimmung ist aufgeheizt. Ich vergleiche das immer gern mit einem Luftballon, der sehr prall gefüllt ist. Jedes Mal, wenn Du den Kunden siehst und wenn Du ihm zeigst “Lieber Kunde, ich verstehe Dich” – und zwar nicht nur “ich verstehe Dich” sagen, sondern ihm das zeigen, indem Du sagst: “Du bist gerade wütend und frustriert. Dich nervt das, dass Du gerade Deine Zeit dafür aufgewendet hast” – in dem Moment entspannt er sich. Bei jedem Mal entweicht so ein bisschen Luft auf diesem Luftballon.

aufgeblasener Luftballon an Stuhl

Wenn der bereit dazu ist, eine Lösung zu hören, merkst Du das. Wenn er die ganze Wut und den Druck ablassen konnte, dann kannst Du Dich auf den Wir-Stuhl setzen und sagen: “Ich hätte da einen Vorschlag. Wollen Sie den schon hören?” Dann sagt er: “Ja, erzählen Sie doch mal.” “Ich könnte Ihnen jetzt anbieten, Sie bekommen Ihr Geld zurück oder Sie können auch einen anderen Stift haben.” Dann ist er erst bereit zuzuhören. Solange er noch mit seiner Wut und seinem Frust beschäftigt ist, wird es ihm nichts bringen, diese Lösung zu hören. Er ist einfach noch nicht bereit dafür.

 

Hast Du schon einmal so eine Situation erlebt? Wie bist Du damit umgegangen? Wenn sich jemand beschwert, was ist Deine instinktive Reaktion darauf?

Zwei typische Reaktionen: Aggression nach außen oder Vorwürfe nach innen

Ich glaube, das ist Typsache. Die einen nehmen sich das zu Herzen und denken, sie hätten etwas falsch gemacht und machen sich selbst Vorwürfe. Das ist die eine Reaktion, die natürlich überhaupt nicht hilft, aber die uns so inne ist. Das andere ist das Lospoltern: “Sie sind ja selbst unmöglich! Wahrscheinlich haben Sie es kaputt gemacht und sich nicht ordentlich darum gekümmert! Haben Sie überhaupt die Bedienungsanleitung gelesen?!” Also eher nach außen. Das ist natürlich auch nicht hilfreich. Das sorgt eher dafür, dass es noch mehr eskaliert. Das sind die beiden typischen Verhaltensweisen.

Auf die Haltung kommt es an

Was hilft, ist tatsächlich dieser Gedanke an den Du-Stuhl und sich das wirklich vorzunehmen: Statt dass ich hier oben sitze und mich mit dem anderen anschreie, setze ich mich jetzt mal ganz bewusst auf den Du-Stuhl. Ich höre dem anderen zu und sage: “Okay, Du bist aber grad sauer oder hast Dich geärgert oder bist in großer Sorge oder hast die Befürchtung, dass etwas Schlimmes passieren kann.” Wenn Du das ganz bewusst machst, wirst Du merken, dass sich durch dieses empathische Vorgehen ganz viele Situationen entspannen. Die Haltung sollte sein: “Es ist mir wichtig, erst einmal eine Verbindung zu Dir aufzubauen, bevor ich Dir gleich eine Lösung vor den Latz knalle”. Der andere ist noch nicht bereit, eine Lösung zu hören. Später kannst Du sagen: “Ich hätte da eine Idee…” oder “Haben Sie vielleicht einen Vorschlag? Was können wir denn da machen?”

Achte auf die Reaktion des anderen

Dann merkst Du ja an der Reaktion, ob er schon so weit ist. Sagt er dann: “Es wäre für mich in Ordnung, wenn Sie mir einfach mein Geld zurückgeben.” oder sagt er: “Sie haben ja überhaupt nicht verstanden, um was es geht! Eigentlich will ich doch…” Dann ist er eben noch nicht so weit. Dann machst Du noch eine Schleife.

Wenn Du zu schnell mit der Lösung kommst, hat er auch wieder zwei typische Verhaltensweisen. Entweder er ist auch ein Typ, der eskaliert und sagt: “Kann ich jetzt mal hier den Chef sprechen und jemanden, der hier kompetent ist?!”. Also eher nach außen die Aggression. Oder er sagt: “Naja gut, dann geben Sie mir halt mein Geld” – und ward nie mehr gesehen. Das möchtest Du ja beides nicht. Du möchtest ja, trotz des Konflikts, dass ihr weiter eine gute Beziehung habt.

Mein Impuls für Dich für heute ist:

Bewusst zuhören.

Nicht zu schnell mit den Lösungen kommen.

Menschen wollen gesehen werden.

Dadurch entspannen sie sich.

Und dann sind sie auch wieder bereit für Lösungen.

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