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Wahrnehmung ist subjektiv und unterliegt Wahrnehmungsfehlern. Solange wir immer wieder in Worten die Zustände wiederholen, die wir nicht haben wollen, werden sie sich auch in der Realität wiederholen. Denn die Art, wie wir miteinander – und auch übereinander – sprechen, beeinflusst unsere Wahrnehmung.

In diesem Artikel geht es um Zuschreibungen wie die „böse Stiefmutter“, „den Satansbraten“ und die „Else“ (wenn du nicht weißt, was das heißt, schau mal hier: ELSE, UTE und NILS? Verrückte Abkürzungen im Patchwork) Du erfährst, warum Sprache so eine große Macht hat, welchen Wahrnehmungsfehlern wir alle unterliegen und wie du diese künftig vermeiden kannst.

Böse Stiefmutter, Satansbraten und Else – Warum solche Bezeichnungen Gift sind.

Unser Gehirn sucht immer wieder Bestätigung für das, was wir für wahr halten. Wir kennen diesen Effekt als selbsterfüllende Prophezeiung, also eine Vorhersage, die ihre Erfüllung selbst bewirkt. Es ist belegt, dass dieses psychologische Phänomen unser eigenes Verhalten und auch das unserer Mitmenschen beeinflussen kann.

Dabei sind wir keinesfalls frei von Wahrnehmungsfehlern. Einer davon ist der sogenannte „fundamentale Attributionsfehler“. Er besagt, dass wir bei anderen Menschen von einem beobachteten Verhalten auf die Persönlichkeit schließen, bei uns selbst hingegen die Situation als Erklärung heranziehen.

Kurz gesagt: Wenn die andere Frau ein Kind anmotzt, ist sie eine schlechte Mutter, wenn wir selbst das tun, hatten wir bloß  einen schlechten Tag.

Wahrnehmung trügt: Den Aschenputtel-Effekt gibt es gar nicht

Man könnte sagen: Wenn wir ein bestimmtes Verhalten oder Ergebnis erwarten, tragen wir selbst dazu bei, dass dieses Verhalten oder Ergebnis auch wirklich eintritt. Hinzu kommt die selektive Wahrnehmung, also dass Menschen zur Bestätigung ihrer Überzeugung stets nach Beispielen suchen, die die Annahme stützen – und nicht nach Gegenbeispielen. 

Aufgrund der Brüder-Grimm-Märchen haben wir ein negatives Bild der “Stiefmutter”. Tatsächlich ist sogar die Wissenschaft lange Zeit davon ausgegangen, dass der “Aschenputtel-Effekt” existiert, also Eltern Stiefkinder prinzipiell schlechter behandeln als ihre eigenen. Das konnte mittlerweile widerlegt werden – und zwar sogar rückwirkend für das 17. und 18. Jahrhundert!

Mann mit Kind Stiefmutter

Es lohnt sich also, seine eigenen inneren Überzeugungen zu hinterfragen und offen dafür zu sein, dass es noch andere Blickwinkel auf die Welt gibt als die eigene bisherige Perspektive. 

Glaube nicht alles, was du denkst

Unser Gehirn liefert uns immer wieder Bestätigungen für die Annahmen, die wir vorab getroffen haben. Diese Tendenz, Informationen so zu suchen und auszuwerten, dass sie unsere Überzeugungen eher bestätigen, anstatt sie in Frage zu stellen, nennt man in der Psychologie Bestätigungsfehler (Confirmation Bias). Wir suchen Beweise für das, was wir bereits annehmen.

Warum? Unser Gehirn arbeitet möglichst energiesparend. 

Es ist anstrengend, die eigenen Annahmen stets kritisch zu hinterfragen und sich ein eigenes Bild zu machen. Viel einfacher ist es, nach Informationen zu suchen, die den aktuellen Standpunkt unterstützen.

In den eigenen Überzeugungen oder Meinungen in Frage gestellt zu werden, ist unbequem. Deshalb halten wir uns vorwiegend in unserer “Bubble” auf und umgeben uns mit Menschen, die ähnlich ticken wie wir.

Kleine heile Welt in der Schneekugel.

Die Gefahr besteht allerdings darin, dass wir unsere Meinungen über die “da draußen”, die nicht zu unserer Gruppe gehören, immer wieder gegenseitig bestätigen und damit zementieren. 

Ich weiß doch genau, was sie denkt!

Aufgrund des Bestätigungsfehlers werden alle Verhaltensweisen als Belege für diese Gedanken herangezogen.

Als neue Partnerin, die sich am Wochenende um die Kinder einer anderen Frau kümmert, könntest du auf diese Gedanken kommen: “Sie hält mich für total unfähig und glaubt, sie kann alles besser. Die macht jetzt Party, während ich mich um ihr Kind kümmern muss!”

Wenn sie dann nicht erreichbar ist, ist das der Beweis dafür: Sie tanzt bis in die Puppen, während du die ganze Arbeit hast.

Meldet sie sich hingegen häufig, heißt das wohl, dass sie dir nicht vertraut und dich kontrollieren will. 

Das kannst du tun, um es anders zu sehen

Aktiv die Sichtweise der anderen Frau im Patchwork anzuschauen, ist wie Feldforschung in der Wissenschaft. Wir müssen uns bewusst immer wieder daran erinnern, dass es auch eine andere Betrachtungsweise gibt. Das geht nicht von selbst, sondern erfordert eine bewusste Entscheidung (manchmal auch mehrmals) und üben, üben, üben. Diese zwei Übungen kannst du dafür nutzen:

Überprüfe deine Wahrnehmung

Es ist sehr wahrscheinlich, dass auch du den fundmentalen Attributionsfehler unterliegst und vom Verhalten auf die Persönlichkeit eines Menschen schließt. Besonders fatal: Abweichungen von unserer vorgefassten Meinung wertet unser Gehirn als „Ausnahme, die die Regel bestätigt.“

Also auch wenn sich die Ex heute total liebevoll oder wertschätzend verhält und du das auch wahrnimmst, führt das nicht dazu, dass sich dein Bild von ihr verändert, sondern im Gegenteil auch dadurch weiter verfestigt. Das ist der Bestätigungsfehler.

Um deine Wahrnehmung zu trainieren, gibt es eine Übung, die „Etiketten kleben“ heißt.

  1. Wähl dir dafür in einer belebten Einkaufsstraße oder einem Café einen beliebigen Menschen aus. Diesem klebst du gedanklich ein Etikett auf, das kann so etwas sein wie „Hexe, Nonne, Prostituierte, schlechte Mutter, Clown, Geheimagentin…“ Dann beobachtest du eine Zeit lang alles, was diese Person tut. Wiederhole dabei in Gedanken deine Zuschreibung: „Das ist eine Hexe.“ Mache das so lange, bis dir immer mehr auffällt, dass alles, was die Person tut, genau zu diesem Etikett passt.
  2. Im zweiten Teil der Übung entferne gedanklich das Etikett – und klebe eine neue Identität auf den gleichen Menschen. Diese sollte möglichst weit von der davon gewählten sein. (z.B. Nonne vs. Prostituierte) Beobachte wieder das Verhalten und wie es die jetzige Zuschreibung bestätigt. Bemerkst du, wie sich das Verhalten der Person dabei scheinbar verändert?
  3. Entferne zum Ende der Übung das Etikett, das du auf die Person geklebt hast. Schau sie dir nun möglichst neutral an, als menschliches Wesen mit Gefühlen und Bedürfnissen. Was fällt dir jetzt auf?

Denk wie ein Strafverteidiger

Welche Situationen auch immer in Zukunft auftauchen, betrachte die Ex mit einer wohlwollenden Brille und unterstelle jederzeit einen guten Grund für ihr Handeln. Versuche, wie ein Anwalt zu denken oder noch besser wie ein Strafverteidiger.

Sieh jede Handlung so, als müsstest du die andere verteidigen. Als müsstest du einen Richter und Geschworene davon überzeugen, dass die “Angeklagte” nicht aus böser Absicht gehandelt hat, sondern es gute Gründe für ihr Verhalten gab.

Im Zweifel für die Angeklagte. Was könnte der gute Grund für ihr Handeln sein?

Inwiefern ändert sich deine Sichtweise, wenn du unvoreingenommen auf die Situation schaust?

Vielleicht kannst du dann hinter den vielen Anrufen eine Mutter sehen, die ihr Kind vermisst und sich versichern möchte, dass es ihm gut geht. Vielleicht ist es schwer für sie ist, allein zu sein – aber das hat nichts mit dir zu tun. Es ist nicht deine Schuld und auch nicht deine Verantwortung.

Deshalb musst du ihr Verhalten gar nicht auf dich beziehen.

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