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Last Updated on 4. Juli 2023 by Marita

Die Ex nervt extrem – aber warum eigentlich? Wenn wir ganz ehrlich sind, ist es doch so: Niemand sucht sich dieses Patchworkding freiwillig aus!

In der Regel starten wir immer noch mit der klassischen Vorstellung von Vater-Mutter-Kind in unser Erwachsenenleben. Wenn wir eine Beziehung eingehen, wünschen wir uns, dass sie für immer hält. Ich habe jedenfalls als kleines Mädchen nicht davon geträumt, dass mein Prinz noch eine Prinzessin in einem anderen Turm sitzen hat, deren Kinder am Wochenende zu uns rüberkommen. (Im Übrigen hat sich die andere Prinzessin das auch nicht so vorgestellt.) 

In diesem Artikel schauen wir, woran es liegt, dass die beiden Frauen im Patchwork es so schwer miteinander haben – und was du tun kannst, damit es für dich leichter wird.

Wir kämpfen gegen die Bilder in unseren Köpfen

Wenn wir Patchwork leben, gehört dazu auch der Abschied vom eigenen “Kleinmädchentraum vom Traummann, Hochzeit und Bilderbuch-Familienleben”. Durch viele Märchen und Filme hat sich dieses Bild in unseren Köpfen als Wunschvorstellung festgesetzt. Auch die idyllische Familie aus der Werbung, die in himmlischer Harmonie zusammen um den Tisch sitzt, ist noch als Bild in uns gespeichert.

Zum Glück hat sich mittlerweile herumgesprochen, dass ein größerer Zusammenschluss in einer Gemeinschaft viel mehr unserer natürlichen Art entspricht. Indem man sich gegenseitig unterstützte, vergrößerte man nämlich die Überlebenschancen der ganzen Sippe. Und selbst die Heilige Familie mit Madonna als Inbegriff von Mutterschaft ist im Grunde betrachtet die erste Patchworkfamilie der Geschichte mit Josef als Stiefvater… 

Die „Heilige Familie“ ist ja auch Patchwork

Uns fehlen schlicht die Worte

Um in der Öffentlichkeit zu beschreiben, in welchem Verhältnis man als neue Freundin zu den Kindern steht, gibt es keinen passenden Begriff. Die Bezeichnung Stiefmutter ist immer noch die allgemein in Deutschland geläufige. Dieser Begriff ist durch die sprichwörtliche „böse Stiefmutter“ negativ belegt. Die Vorsilbe „Stief“- impliziert außerdem, dass der Stiefelternteil einen fehlenden Elternteil ersetzt. Dieses stammt aus der Zeit, als Ehen nicht geschieden, sondern nur durch Tod eines Elternteils beendet wurden. Heutzutage kommt die neue Partnerin ja nicht erst dazu, wenn die leibliche Mutter verstorben ist, wie es früher der Fall war. 

Halten wir also fest: Weder die getrennte Mutter noch die neue Freundin mögen den Begriff Stiefmutter. Trotzdem prägen Worte unsere Realität. Übrigens ist der Begriff “Alleinerziehend” im Patchworkkontext ähnlich schlecht angesehen wie die “Stiefmutter”. Denn schließlich gibt es ja noch andere Erwachsene, die sich kümmern. Manche sprechen von “getrennt erziehend”, offiziell gilt das aber erst, wenn das Kind mindestens jeweils ein Drittel seiner Zeit bei jedem Elternteil lebt.

Solange wir immer wieder in Worten die Zustände wiederholen, die wir nicht haben wollen, werden sie sich auch in der Realität wiederholen. Weil jede wörtliche Wiederholung uns an den Inhalt der Worte gewöhnt. Wir müssen eigene Begriffe finden, die emotional weniger negativ besetzt sind. Das verändert auch die innere Haltung dazu.

Wir teilen nicht die gleichen Werte

In Patchworkfamilien treffen verschiedene Wertvorstellungen aufeinander. Werte sind Überzeugungen, die wir aufgrund der Prägung in der eigenen Kindheit mitbekommen haben oder zu denen wir durch unsere Erfahrungen gelangt sind. Wir alle treffen ständig Entscheidungen, die unsere Werte widerspiegeln. Oft passiert das allerdings völlig unbewusst! 

Wenn eine Familie über Jahre im gleichen Haus zusammenlebt, werden Werte implizit weitergegeben.

Bei uns gibt es samstags Pfannkuchen zum Frühstück

Wir finden es dann völlig normal,

  • am Wochenende im Schlafanzug zu frühstücken,
  • beim Duschen die Badezimmertür offen zu lassen, falls jemand zur Toilette muss oder
  • bei den gemeinsamen Mahlzeiten miteinander am Tisch zu sitzen.

Für andere ist es aber genauso selbstverständlich,

  • sich zum Sonntagsfrühstück ordentlich anzuziehen,
  • das Bad als Privatsphäre zu betrachten und
  • gemütlich vor dem Fernsehen zu snacken.

Kein Wert ist per se besser oder schlechter, das passiert nur durch unsere eigene innere Bewertung. Wenn Kinder zwischen verschiedenen Familienkulturen hin- und herwechseln, werden diese Unterschiede überhaupt erst sichtbar und ins Bewusstsein geholt. 

Du hast dir die Ex nicht ausgesucht 

Wir Menschen suchen uns instinktiv andere Menschen, die ähnlich ticken wie wir selbst. In Gruppen, die die gleichen Wertvorstellungen teilen, fühlen wir uns wohl und gut aufgehoben. Deshalb treten wir in den Fußballverein ein, schicken unsere Kinder auf bestimmte Schulen oder engagieren uns gemeinsam für den Tierschutz. Unsere Freundinnen sind oft in ähnlichen Lebenssituationen wie wir selbst, mit ihnen teilen wir unsere Begeisterung für unsere Hobbys, ihr könnt über die gleichen Dinge lachen und die Zeit miteinander vergeht wie im Flug. Mit Menschen, deren Lebenseinstellung, Interessen und Werte so gar nicht zu unseren eigenen zu passen scheinen, ist der Umgang sehr viel zäher und mühsamer.

Es kann dir so vorkommen, dass das einzige, was du mit der anderen Frau im Patchwork gemeinsam hast, die Zuneigung zu diesem Mann ist (und das nicht mal gleichzeitig, also hoffe ich!).

Die allermeisten Frauen würden sich gerade diese andere Person nicht als ihre Freundin aussuchen. Das ist grundsätzlich völlig in Ordnung und gar nicht schlimm, muss aber mal gesagt werden. Dein Leben wäre leichter, wenn es sie darin nicht gäbe. Dass es überhaupt eine Ex bzw. eine Next gibt, ist schon schlimm genug – aber warum muss es ausgerechnet sie sein? Dich hat schließlich keiner gefragt, ob du sie in deinem Leben haben willst.

Ein wesentlicher Unterschied zwischen der Ex und der Next ist übrigens der Zeitpunkt, bei dem die eigene Geschichte startet. Während die neue Partnerin sich von vornherein für das “Komplettpaket” aus Mann mit Kind und Exfrau entscheidet, tritt aus Sicht der Ex die Neue erst später auf die Bildfläche – wenn überhaupt.  

Es findet ein unbewusstes Vergleichen mit der Ex statt 

Wir vergleichen uns ständig mit den Menschen um uns herum. Das ist nicht erst so, seit es Social Media gibt, seitdem ist es nur noch schlimmer. Hast du nicht auch schon mal ihr Instagram-Profil durchforstet und die Bilder im WhatsApp-Status kritisch beäugt? Wie glücklich sie aussieht, wo sie im Urlaub war, ihre neue Frisur und was sie in ihrer Freizeit alles unternehmen kann – während du dich um deine bzw. ihre Kinder kümmern musst. 

Doch auch ohne Bildbeweis gibt es viele Dinge mit Vergleichspotenzial:

  • Sie hatte die unbeschwerte Zeit ohne Kinder.
  • Sie hat die entspannten Wochenenden mit den Kindern und ich den Alltagsstress.
  • Sie hat geheiratet und mit ihm ein Haus gebaut. Sie setzt sich ins gemachte Nest.
  • Sie hat ein Kind mit dem Mann, den ich (jetzt) liebe.
  • Sie ist jünger, entspannter, erfolgreicher, hat es leichter, einfacher im Leben, viel bequemer…

“…und das ist ungerecht”.

Wir suchen einen Sündenbock

Das andere Extrem des Nach-Oben-Vergleichens ist, den anderen für alles verantwortlich zu machen. Die Ex ist an allem Schuld! Sie hat alles falsch gemacht! Würde die Neue sich nicht so verhalten, wäre mein Leben leichter! Dabei ist es völlig egal, wer diese andere Person ist. Im Patchwork ist der häufigste Sündenbock die andere Frau, also Ex oder Next. 

Hast du dich auch schonmal gefragt: “Wieso hat er ausgerechnet mit dieser Frau ein Kind?” 

Deine Wertvorstellungen sind so ganz anders als ihre. Du bist sprachlos, wenn Du siehst, wie sie mit ihrem Kind umgeht oder wie sie Deinen Partner behandelt. Du hast schon einige Dinge erlebt oder mitansehen müssen, die Dich einfach wütend machen. 

Als getrennte Mutter lautet die Frage eher: “Wieso hat er ausgerechnet diese neue Freundin?”

Bevor der Vater deiner Kinder diese Frau an seiner Seite hatte, lief schließlich trotz eurer Trennung alles ganz gut. Aber plötzlich werden Deine Erziehungsansichten kritisiert. Was jahrelang gar kein Problem war und wunderbar funktioniert hat, wird jetzt hinterfragt oder sogar ohne Rücksprache mit Dir einfach umgeschmissen. Dabei hat diese Frau noch nicht mal eigene Kinder, meint aber, selbst alles besser zu wissen!

Warum auch immer er mit genau dieser Person zusammen oder gar verheiratet war, es ist einfach die Realität. Die gemeinsamen Jahre und die Ergebnisse davon kannst Du nicht ungeschehen machen, wie sehr Du es auch wünschst. Du kannst aber sehr wohl entscheiden, ob Du zulässt, dass diese Gedanken Dich beherrschen und immer wieder runterziehen.

Familienaufstellung Patchwork Erfahrungsbericht

Jede hat schon Erfahrungen gemacht

Wir starten nicht völlig frei und offen ins Patchworkleben. Jede bringt einen Koffer voller alter Verletzungen, Sorgen und Erfahrungen mit. Der häufigste Satz, den ich ganz am Anfang von Beratungen höre ist “Aber ich war nicht der Trennungsgrund!” 

Ich habe keine Statistik darüber gefunden, wie viele Beziehungen beendet werden, weil es schon eine neue Partnerin gibt. Immerhin sind fast zwei Drittel aller Menschen in Beziehungen treu. Meine Erfahrungswerte zeigen, dass mehr Patchworkfamilien erst entstehen, nachdem die vorherige Beziehung bereits beendet ist.

Allerdings sind neue Partnerinnen oft der Auslöser, im bisherigen Konstrukt etwas zu verändern. Die Scheidung wird vorangetrieben, der Partner zieht nun doch aus dem gemeinsamen Haushalt aus oder das Nestmodell (bei dem die Kinder im Haus wohnen bleiben und die Eltern dort abwechselnd mit leben) ist nicht mehr praktikabel. 

Vielleicht sind auch noch Kleinigkeiten aus der Anfangszeit präsent: Sie hat nicht gegrüßt. Sie hat eine Bemerkung gemacht, die dir noch im Kopf herumgeht. Oder es hat einfach etwas mit der Tatsache zu tun, dass sie existiert! Es wäre eben alles einfacher ohne diese Person (den Punkt hatten wir schon). Doch auch wenn die Erfahrungen nicht mit genau dieser Person gemacht wurden, haben sie einen Einfluss. Alte Verletzungen aus der Beziehung fangen wieder an zu schmerzen. Vielleicht schauen wir einfach misstrauisch in die Welt.

Okay, halten wir fest: Die Basis ist ziemlich beschissen!

Früher gab es Stiefmütter erst dann, wenn die leibliche Mutter verstorben ist. Heutzutage entstehen Patchworkfamilien in den allermeisten Fällen nach einer Trennung oder Scheidung. Im Patchwork treffen also zwei Frauen aufeinander (die Ex und die Next), die sich nicht kennen, aber gleich eine Vorstellung der anderen im Kopf haben.

Warum es trotzdem klappen kann

Die meisten Menschen haben ein Interesse daran, gut miteinander auszukommen. Sich ständig zu zoffen, kostet nur unnötig Energie und macht niemanden glücklich. Trotzdem streiten sich Nachbarn mit den Bewohnern der umliegenden Häuser, Eltern mit ihren Kindern, Paare und Freunde untereinander. Die Begründung ist immer die gleiche und lautet (stark vereinfacht): Es liegt nicht an mir – der andere ist Schuld.

Dass sich so keine Konflikte lösen lassen, ist auch jedem klar. Wenn jeder über den anderen schimpft, muss keiner den ersten Schritt machen. Dabei ist es doch so: Wer die Schuld hat, hat die Macht.

Du kannst Dir Deine Beziehung zu anderen Menschen wie ein Seil vorstellen. Jeder ist an seinem Ende und handelt dort. Ob der andere am Seil zerrt, es locker hält, damit herumschlenkert oder plötzlich daran reißt, das alles kannst Du nicht beeinflussen. Du kannst aber an deiner Seite des Seils Impulse setzen. Wenn der andere an seinem Ende zerrt, kannst Du zum Beispiel mit aller Kraft dagegenhalten oder Du gehst Du einen Schritt nach vorn, um Deine eigene Kraft zu schonen. Vielleicht lässt Du das Seil auch los. Es ist Deine Entscheidung.

Wenn Du an Deinem Ende bleibst, hast Du sprichwörtlich die Zügel selbst in der Hand. 

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Das hat geklappt!

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