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Trennungskinder gibt es viele: Knapp ein Viertel aller Eltern in Deutschland trennen sich – jedes Jahr sind davon etwa 200.000 Minderjährige betroffen. Damit sprechen wir von mehr als drei Millionen Trennungskinder insgesamt.

Wir alle wissen, dass eine intakte Familie sehr wichtig für die gesunde Entwicklung von Kindern ist. Die Trennung der Eltern ist dementsprechend ein einschneidendes Erlebnis mit vielen unterschiedlichen Folgen für das Kind. Sind die wirklich alle schrecklich und wirken sich negativ auf das ganze spätere Leben aus? Das schauen wir uns genauer an!

Trennungskinder Bullshit-Bingo

In diesem Zusammenhang müssen sich die Eltern allerlei gut gemeinte Ratschläge anhören: 

  • Hoffentlich überstehen das die Kinder ohne langfristigen Schaden. 
  • Das Kind braucht eine männliche Bezugsperson.
  • Klar, dem Kind fehlt der Vater. 
Trennung Verlustangst

Es gibt auch eine “Stiefmutter-Version” in Bezug auf die Trennungskinder. Der bunte Blumenstrauß enthält unter anderem Belehrungen, dass die Kinder einen sowieso niemals akzeptieren werden und man sich als Neue raushalten sollte, weil man eben nicht die Mutter ist:  

  • Kinder wünschen sich immer, dass ihre Eltern wieder zusammenkommen. 
  • Als Stiefmutter halte dich am besten aus allem raus, was die Kinder betrifft.
  • Du bist nicht meine Mama. Du hast mir nichts zu sagen! 
  • Du bist wie die böse Stiefmutter aus dem Märchen. 

Solche Sätze zähle ich gern zum Bullshit-Bingo.

Trennungskinder in den Medien

Die Berichterstattung über die Gefühlswelt von Scheidungskindern läuft sehr häufig auf negative Feststellungen hinaus. Da wird getitelt:

„Papa hat Dich nicht mehr lieb: Tausende Trennungskinder geraten zwischen die Fronten eines grausamen Kriegs.“

Der Spiegel

oder

„Das Gefühl, wie ein Paket an der Haustür überreicht zu werden.“

Der Spiegel

Kein Wunder, dass die schrecklichen Bilder in unseren Köpfen immer weiter zementiert werden. Natürlich wäre es besser, wenn alles Friede, Freude, Eierkuchen wäre und Eltern für immer und ewig glücklich zusammenleben. Aber das ist nun mal nicht die Realität. 

Dass sich Menschen um das Wohl anderer Menschen sorgen, ist wirklich nett gemeint. Das unterstelle ich jetzt einfach mal.

Gut, wenn Freunde, Lehrer und Nachbarn hinschauen, wie es Kindern geht, die gerade die Trennung ihrer Eltern durchstehen.

Genau darüber machen sich die Eltern aber eben auch Gedanken! Sie haben Angst um ihre Kinder und deren Entwicklung. Wie es ihnen im Trennungsprozess und darüber hinaus geht, beeinflusst die Entscheidung der Eltern oder fließt zumindest darin ein. Jetzt zusätzlich Druck aufzubauen, indem wir Befürchtungen und Plattitüden in den Ring werfen, ist überhaupt nicht hilfreich. 

Das beste Mittel gegen Bullshit-Phrasen ist Wissen.

Welche Auswirkungen hat eine Trennung der Eltern tatsächlich auf Kinder?

Dazu gibt es mittlerweile eine ganze Reihe von Studien, einige davon ziemlich überraschend. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass eine Scheidung der Eltern traumatisch für Kinder sein kann. Direkt nach einer Trennung der Eltern haben Kinder mit großen Gefühlen zu kämpfen:

  • die Angst, verlassen zu werden,
  • Machtverlust,
  • Schuldgefühle,
  • ein geringes Selbstwertgefühl und
  • Loyalitätskonflikte. 

Gerade jüngere Kinder leiden häufig unter Trennungsangst. Sichtbar wird diese Angst vor allem in Übergangssituationen wie zum Beispiel beim Verabschieden im Kindergarten, wenn es ihnen schwer fällt, sich von dem Elternteil zu trennen. Da junge Kinder noch nicht über so viele Fähigkeiten zur Bewältigung dieser Belastung verfügen wie ältere, sind sie insgesamt deutlich verletzlicher.

Dazu kommen oft Schuldgefühle, weil sie sich für die Trennung der Eltern verantwortlich fühlen.

Ältere Kinder kämpfen vor allem mit einem geringen Selbstwertgefühl. Sie haben in der Schule schlechtere Noten, sind öfter krank und anfälliger für Depressionen. Oft fällt es ihnen schwer, Freundschaften zu schließen und langfristige, stabile Beziehungen einzugehen.

Trennung Selbstwert

„Scheidungskinder leiden ein Leben lang“

Einige Studien kommen zu dem Schluss: Die Leiden der Scheidungskinder bleiben ein Leben lang.

  • Tendenziell machen sich Trennungskinder häufiger Sorgen und zeigen öfter aggressives Verhalten als Kinder, deren Eltern zusammenleben.
  • Als Teenager rauchen sie mehr, trinken öfter Alkohol oder nehmen Drogen.
  • Sie werden mit größerer Wahrscheinlichkeit als Teenager schwanger und lassen sich selbst als Erwachsene eher scheiden.
  • Außerdem haben sie ein höheres Risiko, eine psychische Störung, wie z. B. Depression oder Angststörung zu entwickeln.
  • In einer Studie konnte herausgefunden werden, dass die Trennung der Eltern langfristig mit dem Risiko von Übergewicht verbunden ist.
  • Die Trennung der Eltern kann auch ein Auslöser für psychosomatische Erkrankungen sein. Trennungskinder haben häufiger Asthma und bekommen sogar leichter einen Schnupfen.

Okay, zugegeben, das klingt jetzt alles nicht besonders ermutigend. Es lohnt sich aber, noch etwas genauer hinzuschauen.

Nicht die Scheidung selbst ist die Ursache für die Probleme!

Nur wenn eine Scheidung mit vielen Konflikten und Streitigkeiten zwischen den Elternteilen verbunden ist, ist diese besonders belastend für die Kinder. Studien zeigen auch: Viele Kinder, die eine Trennung ihrer  Eltern erlebt haben, waren über längere Zeit weiteren Formen von belastenden Kindheitserfahrungen ausgesetzt.

Dazu gehören zum Beispiel körperliche wie emotionale Vernachlässigung und Missbrauch (auch sexuell), häusliche Gewalt gesehen oder selbst erfahren zu haben oder Alkohol- und Drogenmissbrauch in der Familie. Die Beeinträchtigungen im Erwachsenenalter werden erst durch die Anhäufung von belastenden Kindheitserfahrungen verstärkt.

Größer angelegte Untersuchungen konnten außerdem zeigen, dass Kinder oft auch schon vor einer Trennung ihrer Eltern psychische Auffälligkeiten und Verhaltensprobleme aufwiesen. Viele Faktoren beeinflussen die Entwicklung eines Kindes. Deshalb ist es schwierig, in Untersuchungen genau herauszufinden, welche Einschränkungen wirklich durch die Trennung der Eltern verursacht wurden. 

Haben Trennungskinder auch Vorteile?

Es gibt aber auch Studienergebnisse, die Mut machen. Eine erfolgreiche Bewältigung der Trennung der Eltern hat durchaus positive Auswirkungen:

  • So können Trennungskinder später durch die Erfahrung belastbarer, resilienter, verantwortungsbewusster und zielstrebiger sein.
  • Sie werden zum Teil unabhängiger, selbstständiger und feinfühliger im zwischenmenschlichen Umgang, zum Beispiel in Bezug auf Diskriminierungen.
  • Vor allem fanden Psychologen heraus, dass das Problem nicht die Scheidung an sich ist – sondern der Umgang der Eltern miteinander nach der Trennung.

„Eltern, die sich darum bemühen, dass es ihrem Kind gut geht und dafür auch miteinander kooperieren, können es langfristig vor schlimmen Folgen schützen“.

Michael Murphy, Psychologe der Carnegie Mellon University

Wenn das Zusammenleben nach der Trennung harmonischer ist als vorher, ist das für die Entwicklung der Kinder von Vorteil. Dabei ist ein freundschaftlicher Umgang zwischen den Eltern und das gemeinsame Erziehen der Kinder besonders wichtig. Darüber hinaus gibt es noch weitere schützende Faktoren, die der Entstehung langfristiger Nachteile für die Kinder vorbeugen. Entscheidend für die psychische Gesundheit der Kinder ist es, die Beziehung zu beiden Elternteilen aufrechtzuerhalten. Das gemeinsame Erziehen, auch “Co-Parenting” genannt, hat einen positiven Effekt auf das Wohlergehen der Kinder. 

Familienaufstellung Patchwork Erfahrungsbericht

Trennungskinder – Fazit

Wir halten also fest: Inwiefern eine Trennung das Leben der Kinder negativ beeinflusst, liegt vor allem am Verhalten der Erwachsenen.

Gerade weil wir um die Risiken wissen, können wir als Eltern und Stiefeltern dazu beitragen, die Kinder zu schützen. Ob und inwieweit das Miterleben der Trennung ihrer Eltern zu späteren Beeinträchtigungen führt, hängt nämlich von den Ressourcen der Kinder, der Eltern und des sozialen Netzwerkes ab. Grundlage dafür, wie “gut” Kinder mit der Situation zurechtkommen, ist das in den ersten Jahren ihres Lebens angelegte Bindungsmuster, ein hohes Einfühlungsvermögen, gute Bewältigungsstrategien und ein starkes Selbstvertrauen. Wenn das Fundament einer sicheren Bindung und (Ur)Vertrauen vorhanden ist, können Trennungskinder mit den jetzt aufkommenden Gefühlen besser umgehen. 

Statt Eltern den Teufel an die Wand zu malen, sollten wir lieber gemeinsam schauen, wie wir sowohl die Eltern als auch die Kinder und die neuen Partner bei ihren individuellen Bewältigungsaufgaben unterstützen können. 

Beim ganzen Sorgen um die Kinder aber bitte nicht vergessen: Im Patchwork hat jede/r ein Päckchen zu tragen. Was das im einzelnen ist, liest du hier: Was denken Stiefmütter, Väter, alleinerziehende Mütter und Kinder im Patchwork? Und hey, freundliche Erinnerung: Du als neue Partnerin bist nicht daran schuld und auch nicht dafür verantwortlich!

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