Wenn eine neue Partnerin in eine Patchworkfamilie kommt, wird oft einiges neu verhandelt: Sitzplätze im Auto, Rituale am Esstisch – und nicht zuletzt die Frage, wer wo schläft. Besonders brisant wird es, wenn das Kind bisher im Familienbett schlief. Was, wenn es jetzt auch in das Bett möchte, das du als die neue Partnerin mit dem Vater teilst?
Das Thema berührt intime Bereiche, persönliche Grenzen und die Bedürfnisse aller Beteiligten. Höchste Zeit, es genauer zu beleuchten.
„Darf der neue Partner mit ins Familienbett?“
Der Artikel mit dieser Überschrift wurde kürzlich heiß diskutiert.
Die Kommentare reichten von
- „Seine Zeit mit dem Kind, seine Regeln“ über
- „Ich als Mutter würde das auch nicht toll finden, aber letztendlich kannst du nichts dagegen machen“ bis hin zu
- „Soll sie auf dem Boden schlafen? Natürlich schläft sie auch im Bett!“
In meinen Coachingsitzungen geht es eher um die andere Sichtweise auf diese Frage, nämlich:
„Darf sein Kind mit zu uns ins Bett?“
Aus welcher Richtung auch immer man es betrachtet, es ist eine Frage, die heftige Gefühle auslösen kann – wie diese Stimmen zeigen:
Lydia:
„Ich finde es befremdlich, dass eine wildfremde Frau mit meinem Kind kuschelt. Es zerreißt mich innerlich, wenn ich daran denke, dass meine Tochter mit der neuen Freundin meines Ex in einem Bett schläft. Ich verstehe, dass sie Nähe braucht, aber ich fühle mich übergangen.“
Helene:
„Ich will mein Bett nicht teilen, schon gar nicht mit einem Kind, das nicht meins ist. Das Schlafzimmer ist mein Rückzugsort. Für mich ist es wichtig, meine Privatsphäre zu wahren, und ich empfinde es als übergriffig, wenn das von mir verlangt wird.“
Florentine:
„Als Bonusmama wollte ich nie, dass die Kinder meines Partners mit im Bett schlafen. Heute, als Mama eines eigenen Kindes, sehe ich es anders. Mit dem eigenen Kind ist die Nähe einfach anders, da geht man viel intuitiver mit solchen Situationen um.“
Wer schläft im Familienbett?
Das Familienbett, in dem Kinder bei ihren Eltern schlafen, wurde in den letzten Jahren immer beliebter. Nachdem Studien gezeigt haben, dass das Risiko vom plötzlichen Kindstod dort nicht höher ist, gibt es rein objektiv keine Argumente mehr, die dagegen sprechen.
Was allerdings bleibt, sind persönliche Vorlieben und Abneigungen.
Manche schwören drauf, wie einfach die Nächte mit Baby dadurch geworden sind, manche geben an, selbst schlechter schlafen zu können, wenn das Kind sehr aktiv ist, sich im Schlaf dreht oder tritt.
Im Patchwork kommt zu den gängigen Contra-Argumenten entscheidend hinzu: Für die neue Partnerin ist das Kind nicht ihr leibliches. Während manche damit kein Problem haben, macht dieser Umstand einigen Müttern und Bonusmüttern ein schlechtes Gefühl.
Was hinter den Konflikten steckt
Zu den eigenen Befindlichkeiten kommen die Bedürfnisse des Kindes, das nicht allein sein und jemandem zum Kuscheln haben möchte, und des Vaters, der für sein Kind da sein möchte, hinzu. Alle Bedürfnisse sind nachvollziehbar, Nähe, Liebe, Privatsphäre, sie alle unter einen Hut zu kriegen, ist allerdings keine leichte Aufgabe. Denn es gilt natürlich auch die Belange des Kindes zu berücksichtigen.
Bedürfnisse und Gefühle:
- Kinder suchen Nähe und Geborgenheit, besonders nach Trennungserfahrungen. Das Familienbett gibt ihnen diese Sicherheit.
- Väter möchten ihrem Kind die Nähe nicht verwehren und sind oft stolz, wenn das Kind auch zur neuen Partnerin Vertrauen fasst.
- Neue Partnerinnen brauchen Privatsphäre und fühlen sich manchmal von den Bedürfnissen des Kindes überfordert oder in ihrer Partnerschaft zu kurz gekommen.
- Ex-Partnerinnen können sich ausgeschlossen oder ersetzt fühlen, wenn ihr Kind mit einer „fremden“ Person kuschelt.
Kreative Lösungen: Gemeinsam neue Wege finden
Die gute Nachricht: Das Thema Familienbett ist nicht schwarz-weiß.
Wenn wir kreativ und offen für neue Ideen sind, lassen sich viele Ansätze finden, um die Bedürfnisse aller unter einen Hut zu bringen:
- Papa schläft in der Mitte
- eine Matratze oder Bett neben das elterliche Bett
- Papa kommt zum Einschlafen mit zur Tochter
- Tochter darf bei Papa im Bett kuscheln, bevor es ins eigene Bett geht und in der Früh wieder kommen
- sollte sie nachts aufwachen, kann sie sich zum Papa kuscheln
- Papa stellt ein Bett oder eine Matratze neben das der Tochter und schläft bei ihr oder bleibt nur zum Einschlafen
- sie kann ihn rufen oder holen, wenn sie wach wird
- am Wochenende teilt man die Tage: einen Tag kuscheln kommen im Bett, den anderen Tag darf der Partner entscheiden
- im Wohnzimmer auf dem großen Sofa kuscheln
- statt kuscheln etwas vorlesen oder eine Folge der Lieblingssendung anschauen
- Kind schläft im großen Bett und der Papa dann aus Platzgründen auf der Couch
- Die neue Partnerin steht auf, wenn das Kind morgens kommt, und nutzt den Morgen für sich: zum Lesen, Kaffee trinken, telefonieren, TV gucken, spazierengehen…
Das Gute am Thema Schlaf: Die Situation verändert sich ganz von selbst
Bei Claudia sind schon mehrere Jahre vergangen, seit ihre Bonustochter als kleines Mädchen zu ihnen ins Bett gekommen ist. Sie erinnert sich:
„Meine Bonustochter kam anfangs oft zu uns ins Bett. Ich fand es nervig, aber rückblickend sehe ich, dass es ein Ausdruck von Vertrauen war. Heute ist sie acht und will von alleine lieber in ihrem eigenen Bett schlafen. Es hat sich einfach von selbst erledigt.“
Claudia
Kinder werden älter, irgendwann wollen sie lieber im eigenen Zimmer schlafen. Das passiert völlig automatisch. Außerdem verändert sich das Verhältnis zwischen der neuen Partnerin und dem Kind. Wenn zu Beginn der Gedanke an ein “fremdes” Kind im Bett unangenehm ist, kann sich das ändern, wenn die Beziehung sich entwickelt und inniger wird.
Wie habt ihr die Schlafsituation geregelt? Welche (kreativen) Lösungen hast du ausprobiert und für gut befunden? Schreib es in den Kommentar!
Wir handhaben das sehr „dynamisch“. Mein Sohn ist inzwischen 11 und würde am liebsten immer noch bei den Erwachsenen schlafen – egal ob mit der Mama und ihrem neuen Partner oder bei uns. Wie es im anderen Zuhause gehandhabt wird, geht mich nichts an und zieht mich längst nicht mehr runter. Bei uns gilt: Wenn alle ausschlafen können, darf beieinander geschlafen werden – der Gast kommt aber auf die Zusatzmatratze. Es schlafen sonst einfach alle schlechter. Sachgrund. Erklären, konsequent bleiben, alle zufrieden. Abends ist in seinem Bett Papa-Lese- und Kuschelzeit, morgens kann er immer kurz dazuliegen (Papa in der Mitte, klar) und wenn er je nachts Bedarf hatte, habe ich mich kurz dazugelegt, bis die Situation wieder entspannt war. Er fragt abends aber immer seltener den Satz: „Muss morgen jemand früh aufstehen?“ – insofern: Ja, es erledigt sich von alleine…