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Last Updated on 24. Juli 2023 by Marita

Wir alle starten voller Hoffnung und positiver Energie ins Patchworkabenteuer. Schließlich sind wir verliebt, und Liebe versetzt ja bekanntlich Berge. Ich erinnere mich auch noch an den Gedanken: Ich mag Kinder und komme gut mit ihnen zurecht. Ich werde das schon hinbekommen. 

Patchwork ist schwieriger, als ich gedacht habe

Du kommst mit offenem Herzen und voller Liebe in eine Situation, in der meistens schon viel an Verletzung passiert ist. In vielen Fällen geht der Gründung einer Patchworkfamilie eine Trennung voraus, die von allen Beteiligten emotional verarbeitet werden muss. Es gibt also die Phase mit den Problemen von Trennungskindern, einhergehend mit den Herausforderungen eines alleinerziehenden Elternteils, bevor sich die Gründung einer Patchworkfamilie anschließt. Diesen Prozess kannst Du nicht beschleunigen. Es braucht einige Zeit, bis die Kinder und auch die Eltern die Trennung verarbeitet haben.

Wieso landen wir trotzdem so leicht im Stiefmutter-Hamsterrad? Irgendwann gibt es einen Startpunkt. Ich bin mir sicher, auch in Deiner Geschichte gab es eine Situation, in der Du gedacht hast: Puh, Patchwork ist doch nicht so leicht wie ich gedacht habe.

Erinnere Dich mal zurück an diesen Moment.

Vielleicht war es beim Stiefkind kennenlern, als es Dich zur Seite geschoben hat und damit deutlich gezeigt hat, dass Du gehen sollst. Oder als das Kind zu laut, zu schnell, zu fordernd war, und Du davon regelrecht überrollt wurdest. Gab es eine bestimmte Bemerkung, einen Satz Deines Partners, der Dir im Gedächtnis geblieben ist? Vielleicht war es auch die Expartnerin, die etwas gesagt oder getan hat, das Du ganz eindeutig als Angriff auf Dich verstanden hast. Oft ist eine Situation der Auslöser, durch den Dir dies bewusst wird. Bei manchen ist es auch ein Prozess, eine schleichende Erkenntnis. 

Von hier aus schlagen wir typischerweise einen dieser beiden Wege ein: 

Möglichkeit 1: Wir geben dem anderen die Schuld. 

Möglichkeit 2: Wir geben uns selbst die Schuld. 

Wir geben anderen die Schuld

Es ist leicht zu sagen, der andere sollte sich einfach ändern, damit alles gut wird. Wenn das jeder denkt, verändert sich gar nichts. Mit dieser Haltung begeben wir uns aktiv in die Handlungsunfähigkeit. Wenn mein Wohlbefinden davon abhängig ist, was der andere tut, bin ich tatsächlich dazu gezwungen, mich schlecht zu fühlen. Dabei ist es völlig egal, wer diese andere Person ist.

Im Patchwork sind die häufigsten „Sündenböcke“ der Partner, das Kind oder die Ex. 

Sündenbock Nr. 1: die Ex Deines Partners alias die Kindsmutter

Früher gab es Stiefmütter erst dann, wenn die leibliche Mutter verstorben ist. Heutzutage ist in den allermeisten Fällen nach der Trennung oder Scheidung die Kindsmutter weiterhin präsent. Das ist unglaublich anstrengend, denn Du hast Dir diese Person nicht ausgesucht. Deinen Partner liebst Du, mit seinem Kind kannst Du noch eine gute Beziehung aufbauen – aber die Ex zu akzeptieren, ist eine ganz andere Hausnummer. 

Deine Wertvorstellungen sind so ganz anders als ihre. Du bist sprachlos, wenn Du siehst, wie sie mit ihrem Kind umgeht oder wie sie Deinen Partner behandelt. Du hast schon einige Dinge erlebt oder mitansehen müssen, die Dich einfach wütend machen. Trotzdem ist und bleibt sie die Mutter seines Kindes und somit aller Voraussicht nach ein Bestandteil Eures gemeinsamen Lebens. Es bleibt Dir als „neue Frau an Papas Seite“ also gar nichts anderes übrig als mit dieser Person klarzukommen. 

Du tust gut daran, der Mutter ihren Platz nicht streitig machen zu wollen. Dennoch hat jeder Erwachsene, der Zeit mit einem Kind verbringt, einen Einfluss auf seine Entwicklung. Was ich dem Kind vorlebe, wird das Kind auch übernehmen. Deshalb ist es so wichtig, dem Kind zu vermitteln, dass es hier nicht um einen Kampf geht, bei dem nur einer gewinnt. Vielmehr sitzen alle in einem Boot, wie es so schön heißt, und steuern auf ein gemeinsames Ziel zu. Loslassen ist der Schlüssel, der eine Beziehung auf Augenhöhe erst möglich macht. 

Ich liebe ihn, aber er müsste endlich mal… – Schuld ist Dein Partner

Wir können uns im Leben nicht aussuchen, in wen wir uns verlieben. Du hast Dich in Deinen Partner verliebt – so sehr, dass Du eine Beziehung mit ihm eingegangen bist, obwohl er ein Kind hat. Für die meisten Mädchen ist das nicht gerade Teil des Prinzessinnentraums oder Lebensentwurfs, den sie sich für ihr Leben wünschen. Sei es drum, für den Mann lohnt es sich, den Traum zu überdenken! 

In der Anfangszeit eurer Beziehung hast Du Deinen Partner unterstützt, wo Du nur konntest und dabei Deine eigenen Bedürfnisse hinten angestellt. Den ganzen Trubel mit seiner Ex hast Du erduldet, Deine Planung an die Umgänge angepasst und versucht, Dich mit seinem Kind anzufreunden. Überhaupt, Du machst so viel für sein Kind und bekommst so wenig Anerkennung und Wertschätzung zurück. Vieles wird als selbstverständlich hingenommen, dabei wünschst Du Dir einfach mal ein „Danke“. Stattdessen bist Du immer die Böse, die keine Ahnung von Kindern hat. Dein Partner versteht mich nicht – dann sollte er diesen Artikel lesen.

Statt Schuldzuweisungen braucht es einige Gespräche über verschiedene Werte und Bedürfnisse. Hilfreich kann auch der Blick von außen sein oder Unterstützung im Patchwork Power Kurs.

Der kleine Satansbraten – Das Kind Deines Partners ist Schuld

Verständnis zeigen ist ja schön und gut. Aber irgendwann kommt der Punkt, wo es Dir reicht. Das Verhalten der Kinder nervt einfach nur. Zappeln am Esstisch, unordentliche Zimmer und geduscht wurde seit mehreren Tagen nicht. Ständig wird genörgelt. Egal wie viel Mühe Du Dir gibst, es gibt immer nur Beschwerden. Das Essen schmeckt nicht, im Schwimmbad ist es langweilig. Überhaupt habt ihr angeblich schon lange nichts Spannendes mehr unternommen. Dafür sind die Hausaufgaben ein ständiges Streitthema, das Morgens-in-die-Gänge-kommen oder das Zähneputzen. Die Medienzeit ist zu kurz, bei Mama ist eh alles besser – und „Du hast mir überhaupt nichts zu sagen!“

Es ist ja kein Wunder, dass Dein Energietank leer ist. Vermutlich bist Du schon unter Druck, bevor das Kind bei Euch ist. Eine typische Phase im Stiefmutter-Zyklus. Du bist erschöpft, wütend und einfach genervt. Dabei möchtest Du doch einfach ein harmonisches Miteinander. Als Stiefmutter muss man sich nicht alles gefallen lassen. Vielleicht bist Du unsicher, wie viel Du Dich überhaupt in die Erziehung einbringen sollst oder darfst.

Statt Deine Energie in den Ärger über Dein Stiefkind zu investieren, schau lieber auf das, was Du für Dich tun kannst, damit es Dir gut geht.

Wir geben uns selbst die Schuld

Vielleicht gehörst Du auch zur zweiten Gruppe mit dem Mindset, sie seien selbst schuld. Ich glaube, es ist Typsache und auch Erziehung, ob wir mit unseren Urteilen eher beim anderen ansetzen oder bei uns selbst. Die inneren Schuldzuweisungen sind zwar weniger laut und nicht sichtbar aggressiv und deshalb für den Gegenüber oft besser zu ertragen, für uns selbst sind sie aber genauso wenig hilfreich. 

Mann mit Kind burnout

Dein eigenes Gedankenkarussell

Du hast einen Mann kennengelernt, der schon ein Kind hat. Von Beginn an hast Du Deinen Partner unterstützt, wo Du nur konntest und dabei all Deine Bedürfnisse hinten angestellt. Das hat Dich wirklich viel Kraft gekostet. Du liebst Deinen Freund sehr und auch sein Kind hast Du gern, gleichzeitig fühlst Du Dich oft eingeengt, bist gestresst von allem, sehnst Dich nach Zweisamkeit und fühlst Dich nicht wirklich zugehörig. 

Du machst so viel für sein Kind und bekommst so wenig Anerkennung und Wertschätzung zurück. (Übrigens ist das der Startpunkt fürs Stiefmutter-Hamsterrad) Vieles wird als selbstverständlich hingenommen, dabei wünschst Du Dir einfach mal ein „Danke“. Stattdessen bist Du immer die “Böse”, die keine Ahnung von Kindern hat. Du bist verletzt, traurig und hilflos. Du möchtest Harmonie, gegenseitigen Respekt, einfach einen höflichen, liebevollen Umgang miteinander. Im Weg steht die Ablehnung, Du hast keinen richtigen Zugang. Egal was Du tust.  

Du weißt, wie schwer es für Trennungskinder ist. Deshalb gehst Du besonders geduldig mit dem Kind Deines Partners um. Deine eigenen Bedürfnisse immer hinten anzustellen, fühlt sich aber nicht gut an. Du möchtest auch gesehen werden und brauchst selbst etwas Aufmerksamkeit, Anerkennung und Verständnis. Allein das zu denken, kommt Dir schon fast egoistisch vor. Natürlich hat sein Kind die höchste Priorität für Deinen Partner, und das ist auch gut so, aber Du selbst gehst immer mehr unter. Um niemanden „zur Last zu fallen“, ziehst Du Dich immer mehr zurück. 

Der Wunsch gesehen und ernst genommen zu werden ist überhaupt nicht egoistisch. Sondern dieses Bedürfnis steht Dir zu! Die Frage ist nur, wie Du damit umgehst und Deine Anliegen so formulieren kannst, ohne dass Dein Partner sich davon wiederum unter Druck gesetzt fühlt. 

Es geht darum, Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl aufzubauen, damit Du souverän und gleichzeitig liebevoll Deine Grenzen vertreten kannst. Zu flüchten, wenn die Kinder kommen, ist nicht die Strategie, die Dich wirklich glücklich macht. Denn Du wünschst Dir ja dazuzugehören und gemeinsam eine Familie aufzubauen. Aktuell fällt Dir aber vermutlich noch keine bessere Lösung ein. Dein Tank ist einfach zu leer, Dein System sagt „Ich kann nicht mehr, ich muss hier raus“. 

Fang heute damit an, Dir selbst die Wertschätzung zu geben, die Du verdient hast. Für das, was Du bist und nicht für das, was Du tust. Du hast schon den ersten Schritt getan, indem Du dieses Buch liest. Jetzt gehen wir zusammen den weiteren Weg, um aus dem Gedankenkarussell auszusteigen.

Werte statt Bewertungen

Das ist der Punkt, an dem ich wieder die Kontrolle übernehmen kann. Solange ich mich entscheide, in diesem Denken zu sein, kommt mein Gehirn da nicht raus. Es dreht sich immer nur um das Problem. Es geht um eine Bewertung, die ich habe. Das führt zu Rechthaberei und der Tendenz zu bestrafen. Oder wenn jemand etwas „gut“ gemacht hat, zu belohnen. Das ist ja die andere Seite der Medaille. Wenn ich stattdessen meinen Fokus nicht auf die Bewertungen sondern auf die Werte richte – was ist mir wichtig? worum geht es mir? – dann komme ich da raus. Dann führt mein Denken zu Aktivitäten und zu Bitten, die Bedürfnisse erfüllen. Das ist ein Weg. Das ist ein Prozess. Da geht es um die Verbindung. Da geht es um Beziehung. Da wollen wir ja hin! 

Willst du Recht haben oder glücklich sein?

Dieses schöne Zitat von Marshall Rosenberg möchte ich dir noch mitgeben.

„Willst Du Recht haben oder glücklich sein? Beides zusammen geht nicht.“

Marshall Rosenberg

Das ist genau der Punkt. So oft sagen wir: „Das ist mein gutes Recht! Ich habe Recht! Sie ist falsch. Sie hat Schuld!“ Die Frage ist: Möchtest du daran festhalten? Was hast du davon? Oder willst du glücklich sein? Dann schau mal genauer hin: Worum geht es dir? Wie kannst du dafür sorgen, das zu bekommen, was du brauchst?

Dafür ist es vielleicht auch hilfreich zu schauen: Worum geht es dem anderen? Was braucht er? 

Dann sind wir nämlich da, wo wir Lösungen finden und wo wir entspannt sein können – und letztendlich glücklich. 

Willst Du Recht haben oder glücklich sein? Nimm diese Frage für Dich mit. Wenn Du das nächste Mal ins Denken kommst „Ich habe aber Recht und der andere hat Schuld“ – dann atme mal tief durch und schaue mal, was du gerade denkst und ob du das aktiv anders machen möchtest. 

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Das hat geklappt!

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