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„Ich bin Gast, ich mache hier gar nichts!“

Das sagte mein Bonussohn, 14, als wir ihn aufforderten, seinen Teller nach dem Abendessen abzuräumen. Ja, so hab ich auch geguckt! Ich war ziemlich perplex und musste erstmal schlucken.

Am nächsten Tag hatten wir eine sehr spannende Diskussion über die Frage: Welche Rolle hat mein Bonussohn, wenn er hier ist? Familienmitglied oder Gast? (Zum Thema Rollenbilder in der Familie läuft gerade eine Blogparade bei den Leuchtturm-Eltern.)

Nach unserem Gespräch bin ich überzeugt davon, dass viele Unstimmigkeiten und Missverständnisse mit (älteren) Bonuskindern auf eben diese Frage nach dem Rollenverständnis zurückzuführen sind! Deshalb lade ich dich ein, dir darüber Gedanken zu machen, deine Position zu finden – und diese auch mit deinem Bonuskind zu besprechen. Also der Reihe nach:

Was ist eigentlich ein Familienmitglied?

Aktuell leben wir im klassischen Residenzmodell: Tom wohnt bei seiner Mama und ist zwei Wochenenden im Monat bei uns. Hier hat er sein eigenes Zimmer (das in der restlichen Zeit ungenutzt bleibt). Ich bin ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass er Teil der Familie ist – mit allen Rechten und Pflichten. Das bedeutet für mich, dass für ihn die gleichen Regeln gelten wie für meine Töchter.

Ein Familienmitglied hat normalerweise eine Reihe von Rechten und Pflichten innerhalb der Familie. Dazu gehören unter anderem:

  • Das Recht, von anderen Familienmitgliedern unterstützt, respektiert und geliebt zu werden.
  • Die Pflicht, andere Familienmitglieder zu unterstützen, zu respektieren und sich um sie zu kümmern, insbesondere wenn sie Hilfe benötigen.
  • Die Pflicht, zur Familie beizutragen, indem sie an gemeinsamen Aktivitäten teilnimmt, sich an gemeinsame Regeln hält und sich aktiv an der Gestaltung des Familienlebens beteiligt.

Vielleicht hab ich deshalb den Begriff „Besuchskind“ nie so richtig verstanden. Darunter fasse ich eher Schulfreundinnen, die mal für einen Nachmittag oder auch über Nacht bei uns sind. Für mich ist mein Bonuskind ein Familienmitglied – und eben kein Gast.

Mein Bonussohn und seine Schwestern räumen zusammen die Spülmaschine aus

Gilt Gastfreundschaft auch fürs Bonuskind?

Ein Gast ist eine Person, die vorübergehend zu Besuch kommt und nicht Teil der Familie ist. Das kann ein Freund, ein Verwandter oder sogar ein Geschäftspartner sein, der zu Besuch kommt. Im Gegensatz zu einem Familienmitglied hat ein Gast normalerweise keine besonderen Verpflichtungen gegenüber der Familie und ist auch nicht in Ihre täglichen Aktivitäten und Routinen eingebunden.

Hilfst du beim Tischabräumen, wenn du bei Freunden eingeladen bist? Oder lässt du dich bedienen?

Ist das eine individuelle Frage oder eine der allgemeinen Höflichkeit?

Uwe Fenner, Leiter des Instituts für Stil und Etikette schreibt zum „Knigge für Gast und Gastgeber“ im Gentleman-Blog folgendes:

Der höfliche Gast bringt dem Gastgeber, bei dem er eine oder sogar mehrere Nächte beherbergt wird, ein Gastgeschenk mit.

Der rücksichtsvolle Besucher erkundigt sich nach den Tagesgepflogenheiten seiner Gastgeberfamilie: Wann wird gefrühstückt, wann stört man niemanden im Badezimmer, falls es kein Gästebad gibt, welches sind die Essenszeiten für Mittag- bzw. Abendessen? 

Der Gast ist bemüht, seinem Gastgeber so wenige Umstände wie möglich zu bereiten. Wenn Kaffee angeboten wird, wird er nicht nach Tee fragen. Auch wird er den Gastgeber nicht mit Spezialwünschen nach linksdrehendem Joghurt belasten. Gegessen und getrunken wird, was auf den Tisch kommt.

Der Gast zeichnet sich durch Bescheidenheit und Hilfsbereitschaft aus, der Gastgeber durch Großzügigkeit und Umsicht.

Das finde ich ziemlich lustig, wenn ich beim Lesen meinen Bonussohn im Kopf habe 😂 Nachdem der Lektüre ist mir klar: so ist das Verhältnis zu meinem Bonuskind nicht – und so möchte ich es auch nicht haben.

Rollenklarheit hilft beim Miteinander

Nein, mein Bonuskind bringt mir keinen Blumenstrauß mit, wenn er zu uns kommt – und das erwarte ich auch nicht.

❤️ Aber manchmal bekomme ich einen Strauß gepflückt 💐

Sich aus beiden Welten – Familienmitglied und Gast – das beste rauszupicken, funktioniert aber auch nicht.

Denn egal, wer als Besucher vorbeikommt, hat drei mögliche Verhaltensweisen:

  1. Höflich distanzierter Gast, der z.B. ein Gastgeschenk mitbringt
  2. vollwertiges Familienmitglied oder enger Freund, der sich einbringt, beteiligt und mithilft
  3. Arschloch, dem alles egal ist und der sich nur um sich kümmert (diese Kategorie hat mein Bonussohn selbst in die Diskussion eingebracht 😉)

Das sind alles Bewertungen, schon klar. Und ja, natürlich gibt es immer eigene Bedürfnisse, die unsere Entscheidungen beeinflussen. Gleichzeitig hat eine Entscheidung halt auch immer Konsequenzen. Wenn ich mich entscheide, nicht auf die Belange von allen zu gucken, sondern nur auf meine eigenen, ist das kein Patchwork auf Augenhöhe.

Deshalb machen wir ja auch Familienkonferenzen – damit die Bedürfnisse aller berücksichtigt werden können. Und daran nimmt eben kein Gast teil!

Wie wollen wir miteinander umgehen?

Das ist die Frage, auf die es wirklich ankommt. Welche Werte sind uns als Familie wichtig?

Jede Familie hat ihre eigenen Regeln. Diese sind normalerweise für alle klar, weil sie sich im Laufe der Zeit im Miteinander entwickelt haben. Im Patchwork ist das nicht der Fall. Da werden Personen und Familien mit ihren Wertvorstellungen zusammengewürfelt, ohne dass diese transparent gemacht werden. Deshalb ist es besonders wichtig, über Regeln offen miteinander zu sprechen.

In Konflikten wird uns bewusst, dass wir von unterschiedlichen Voraussetzungen ausgegangen sind. (So wie in der Frage Familienmitglied oder Gast?) Da braucht es eine neugierige Haltung, die Perspektive des anderen verstehen zu wollen.

Auf Augenhöhe miteinander umzugehen bedeutet, dass ich diese Sichtweisen gegeneinander stelle, ohne zu sagen, eine ist richtig und eine ist falsch. Ich gehe davon aus, dass die andere Person genauso viel oder wenig recht hat wie ich. Es ist einfach eine andere Wahrnehmung und deswegen nicht falsch. Das ist ganz wichtig: Verstehen heißt nicht einverstanden sein. Zuhören bedeutet nicht zuzustimmen, sondern einfach nur anzunehmen, dass das, was mein Gegenüber tut oder sagt, einen Grund hat. Auch wenn ich diesen Grund vielleicht momentan nicht nachvollziehen kann. 

Diskussionen zu führen und miteinander um Lösungen zu ringen, gehört mit dazu. Was letzten Endes zählt, ist die Beziehung, die man zueinander hat. (Lies auch: Beziehung zum Bonuskind aufbauen – mit diesen 5 Wegen klappt’s)

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