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Als ich 2009 meinen Mann kennenlernte, trat ich nicht nur in eine Beziehung mit ihm ein, sondern auch in eine völlig neue Rolle: die der Stiefmutter. Im Januar 2010 lernte ich zum ersten Mal seinen Sohn kennen, der damals erst 1,5 Jahre alt war. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich noch nicht ahnen, wie sehr diese Erfahrung mein späteres Leben als Mutter beeinflussen würde (und dass ich irgendwann sogar mal anderen Stiefmüttern damit helfen könnte ;)). 2012 und 2013 bekam ich dann meine beiden Töchter, und der Kontrast zwischen dem Muttersein und dem Stiefmuttersein wurde für mich immer deutlicher.

Im Rahmen der Blogparade „Was ich heute anders mache, weil ich Mama bin“ erzähle ich davon, welche Unterschiede ich in diesen beiden Rollen wahrgenommen habe und wie diese Erfahrungen mich verändert haben. Es müsste also eigentlich heißen: Das mache ich heute anders, weil ich nicht nur Mutter, sondern auch Stiefmutter bin.

Die ersten Schritte als Stiefmutter

Der Einstieg in das Stiefmuttersein war für mich eine Herausforderung. Ich war unsicher, wie viel ich mich in die Erziehung einbringen sollte und welche Rolle ich genau spielen würde. Die Angst vor dem Satz „Du bist nicht meine Mutter“ war zwar nicht übermächtig (mein Bonuskind war ja auch erst 1,5 Jahre alt und konnte noch gar nicht sprechen), aber die Frage, wie ich mich positionieren sollte, beschäftigte mich sehr:

  • Wo ist mein Platz?
  • Was darf ich, was muss ich tun?
  • Wo sollte ich mich raushalten?
  • Wie viel „Einmischen“ ist zu viel?

Rückblickend bin ich dankbar für die Zeit zwischen den Umgangswochenenden. Denn der Vorteil vom Patchwork ist ja, dass die Kinder eben nicht immer da sind! Dadurch hat man zwischendrin die Gelegenheit, das Erlebte zu reflektieren und mit dem Partner zu besprechen: Was lief gut und was wollen wir beim nächsten Mal anders machen? Diesen Vorteil hat man in klassischen Familien eben nicht! Da sind die Kinder nämlich ab der Geburt nonstop präsent.

Die Gefühle gegenüber den eigenen Kindern

Als ich dann selbst Mutter wurde, wurde mir schnell klar, wie unterschiedlich die Gefühle für meine eigene Kindern waren. Mal ehrlich: Es ist absurd zu erwarten, dass man als Stiefmutter die gleichen Gefühle für ein Stiefkind entwickelt wie für das eigene Kind – und das ist auch völlig in Ordnung! Die Vorstellung, dass man alle Kinder gleichermaßen lieben muss, entspricht einfach nicht der Realität. Außerdem ist das auch überhaupt nicht notwendig.

Gerecht ist nicht, wenn jeder das gleiche bekommt, sondern wenn jeder das bekommt, was er braucht. Wie in diesem Bild:

Oft ist das, was man für das Richtige hält, gar nicht das wirklich Richtige.

Diese Einsicht finde ich unglaublich befreiend, denn sie ermöglicht mir, sowohl meinem Stiefsohn als auch meinen beiden Töchtern gerecht zu werden.

Von der Stiefmutter zur Mutter: Eine Lernkurve

Interessanterweise habe ich das Gefühl, meine Erfahrungen als Stiefmutter haben mich in gewisser Weise auf das Muttersein vorbereitet. Als hätte ich durch die Jahre als Stiefmutter schon „üben“ können. Einiges habe ich übernommen, anderes verworfen. Manches, was ich vorher richtig oder falsch fand, änderte sich dann eben doch mit der Geburt meiner eigenen Kinder.

Anfangs war ich bei meinem Stiefsohn viel strenger. Das kann ich im Nachhinein bedauern. Gleichzeitig wusste ich es damals einfach nicht besser. Wir sind es eben gewohnt, Macht über Kinder auszuüben. (Das Machtungleichgewicht zwischen Erwachsenen und Kindern wird auch als Adultismus bezeichnet.) Erst durch die Beschäftigung mit einem bedürfnisorientierten Umgang, vor allem nach der Geburt meiner Töchter, hat sich mein Erziehungsstil, zusammen mit dem Menschenbild und meinen Werten grundlegend verändert. Diese Veränderung kam nicht nur meinen Töchtern zugute, sondern auch meinem Stiefsohn.

Mit der Geburt meiner Töchter hat sich auch die Familiendynamik geändert. Aus meinem Stiefsohn wurde plötzlich ein großer Bruder. (Das ist auch wieder so ein Patchworkvorteil: Aus Einzelkindern werden Geschwister.) Die Mädchen sind sich einig, dass er ein toller großer Bruder ist.

Ein Baby trägt ein Shirt mit der Aufschrift Kleine Schwester. Ein älteres Kind streichelt das Baby am Kopf. Das ist das Bonuskind, der Halbbruder.
Lieblingsfoto vom ersten Wochenende als großer Bruder

Wäre es anders gewesen, wenn ich zuerst Mutter und dann Stiefmutter geworden wäre?

Das kann ich natürlich nur vermuten. Als kinderlose Single-Frau ins Patchworkleben zu starten, war schon krass. Quasi über Nacht hatte ich plötzlich ein Kind in meinem Leben, um das ich mich ganze Tage, Wochenenden und sogar Wochen lang gekümmert habe. Ohne große Vorbereitungszeit, wie man sie in der Schwangerhaft sonst hat, wenn man Mutter wird. Ich denke aber, Schwierigkeiten gibt es in jeder Patchworkfamilienkonstruktion. Es braucht einfach Zeit, bis sich alles zusammengeruckelt hat.

Wenn ich heute zurückblicke, würde ich vieles entspannter angehen, vor allem beim ersten Treffen mit meinem Stiefsohn. Damals hatte ich das Gefühl, dass dieses Treffen über die gesamte zukünftige Beziehung entscheiden würde – heute weiß ich, dass die Bemühungen in der Erziehung oft erst Jahre oder Jahrzehnte später Früchte tragen. Und ich bin davon überzeugt: Man hat auf jeden Fall einen Einfluss, auch wenn es sich manchmal nicht so anfühlt.

Manchmal kann ich mit meinem Bonussohn ganz unbeschwert herumalbern.

Wenn ich mir vorstelle, dass ich mit dem Wissen von heute ein „neues“ Kind in meinem Leben hätte, glaube ich schon, dass es leichter wäre. Denn ich weiß jetzt, dass ich Verhalten nicht als persönlichen Angriff auffassen sollte. Hinter den „bösen Verhaltensweisen“ stecken eben bloß unerfüllte Bedürfnisse. Es gibt Höhen und Tiefen (wie in jeder Beziehung, sei es mit Partner, Geschwistern oder Freunden). Und: Jeder Mensch möchte auf Augenhöhe gesehen und behandelt werden.

Ratschläge und Reflexionen

Ein wichtiger Punkt, den ich über die Jahre gelernt habe, ist, auf gutgemeinte Ratschläge von außen zu verzichten. Besonders Menschen, die selbst nicht in einer Patchworkfamilie leben, glauben oft, die Situation bewerten zu können (und hauen dann mit Bullshit-Bingo-Phrasen um sich!)

Jede Patchwork-Familie hat ihr eigenen Dynamiken. Es gibt keinen 3-Punkte-Fahrplan, mit dem alles easypeasy abgespult werden kann. Patchwork ist eine Persönlichkeitsentwicklung (genauso wie Mutterschaft, Stiefmutterschaft und jede tiefgreifende Veränderung im Leben.) Deshalb darf man sich dafür Unterstützung holen.

Die Erfahrungen als Mutter und Stiefmutter haben mich auf sehr unterschiedliche Weise geprägt. Beide Rollen haben mich gelehrt, jedes Kind individuell zu betrachten und zu respektieren.

Wie Muttersein und Stiefmuttersein mich verändert hat

Ich bin geduldiger geworden, weniger streng mit mir selbst und meinen Erwartungen. Ich habe gelernt, dass es keinen perfekten Weg gibt, sondern nur den, der für uns als Familie funktioniert. Und diesen Weg zu finden, ist eine Reise, die jeden Tag neue Herausforderungen und Lernmöglichkeiten mit sich bringt.

Wenn du gerade einen ähnlichen Wege gehst, möchte ich dich ermutigen: Sei geduldig mit dir selbst, hab Vertrauen in deine Fähigkeiten und lass dich nicht von außen verunsichern. Die Beziehung zu den Kindern – ob biologisch oder nicht – wächst und entwickelt sich über Zeit. Das Wichtigste ist, authentisch zu sein und den eigenen Weg zu gehen. Wenn du magst, mit mir an deiner Seite.

24 Beziehungstipps im Advent

Begleite das Patchwork-Paar "Sabine und Rainer" und lass dich inspirieren – für eine liebevolle und erfüllte Adventszeit!

Das hat geklappt!

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