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Teenager. Wenn die (Bonus)Kinder älter werden, wird es immer schwieriger, mit ihnen umzugehen.

Es ist naheliegend, dass dann solche Gedanken aufkommen: „Wie undankbar! Ich glaube, er mag mich nicht. Was hab ich denn bitteschön falsch gemacht? Mit ordentlicher Erziehung hätte man das schon in den Griff bekommen können. Mein Leben wäre so viel einfacher, wenn er keine Kinder hätte...“

Das geht vielen Bonusmamas so! Aber: Pubertät ist kein Patchwork-Problem.

Teenager Hirn – Wegen Umbau geschlossen

Kann es sein, dass Teenager einfach erst mal ein paar Jahre rumliegen müssen? So zum Reifen. Wie Käse. Oder Wein.

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Während der vermeintlich wenig aktiven Reifephase passiert so allerhand: Im Käse produzieren Milchsäurebakterien das Gas Kohlensäure (CO2), wodurch die Löcher im Käse entstehen. Im Warten auf die Weinlese wird in den Bee­ren Zucker pro­du­zie­rt und gespei­chert, was den Wein erst genießbar macht. 

Auch die Pubertät ist eine Phase des körperlichen und emotionalen Wachstums. Dass sich der Körper verändert, ist allgemein bekannt. Aber warum eigentlich? Während der Zeit der Adoleszenz produzieren die Geschlechtsdrüsen des Körpers vermehrt Sexualhormone. Es erfolgt eine Umstrukturierung der Netzwerke im Gehirn. Diese Umstrukturierung wird durch die Veränderungen im Gehirnstoffwechsel und im Hormonhaushalt während der Pubertät unterstützt. 

Was passiert im Gehirn von Teenagern?

Ein wichtiger Teil der Umstrukturierung im Gehirn von Teenagern ist die Reifung des präfrontalen Kortex. Dieser Bereich des Gehirns ist für Planung, komplexes Denken und Entscheidungsfindung verantwortlich. Die Reifung der Frontallappen während der Pubertät hat demnach einen Einfluss auf die Entwicklung von Selbstkontrolle und Urteilsvermögen. 

Auch das Belohnungssystem des Gehirns, ein komplexes Netzwerk von Nervenzellen und Neurotransmittern, verändert sich. Es ist für das Erleben von Freude und Vergnügen zuständig und wird durch Dopamin aktiviert. In der Pubertät steigt die Dopaminproduktion im Gehirn an. Kein Wunder also, dass Jugendliche sich mehr von Belohnungen angezogen fühlen und häufig impulsiver handeln.

Lügen ist in dieser “Umbau-Zeit” oft ein normales Verhaltensmuster für Jugendliche. Das erfolgt aus Unsicherheit, mangelndem Verständnis für Konsequenzen oder schlichter Impulsivität heraus.  

Mein Teenie-Bonussohn sagte mal völlig ernsthaft:

“Das war eine Notlüge. Denn wenn ich die Wahrheit gesagt hätte, hätte ich Ärger bekommen. Manchmal lüge ich auch, damit sich mein Vater nicht aufregt. Also eigentlich, um ihn zu schützen.” 

Gerade dann ist es wichtig, sich daran zu erinnern: Die Veränderungen im Gehirn müssen nicht zwangsläufig zu problematischem Verhalten führen. Sie sind vielmehr ein normaler Teil der körperlichen und emotionalen Entwicklung von Jugendlichen und tragen dazu bei, dass sie zu selbstbewussten und unabhängigen Erwachsenen heranwachsen.

Interview mit Autorin Inke Hummel

Was Kinder ab 13 brauchen und wie du als Erwachsener gut durch diese Phase kommst, darüber habe ich mit Inke Hummel gesprochen.

Zu Inkes Buch „Miteinander durch die Pubertät: Gelassener begleiten, weniger streiten, in Kontakt bleiben. So bleiben dein Kind und du ein Team!“ kommst du hier.

Teenager Buch von Inke Hummel. Miteinander durch die Pubertät. Das Cover

Welche Auswirkungen haben die Veränderungen im jugendlichen Gehirn?

Ein Hoch auf die Reifung der Frontallappen! Denn sie verbessern das Denkvermögen. Teenager sind besser als Kinder in der Lage, ihre Emotionen und Impulse zu regulieren und komplexere Entscheidungen zu treffen. Jugendliche erleben allerdings auch ihre emotionalen Reaktionen intensiver. Die ganze Persönlichkeit verändert sich. Immerhin geht es um nicht weniger als die eigene Identität zu finden. 

Während der Pubertät beginnen Jugendliche, sich selbst und ihre Stellung in der Welt zu hinterfragen und sich Gedanken darüber zu machen, wer sie sind und was sie werden wollen. Werte, Interessen, Persönlichkeit, soziale Beziehungen – alles wird auf den Prüfstand gestellt. Jugendliche experimentieren häufig mit verschiedenen Rollen und Identitäten, um herauszufinden, was für sie am besten passt. Diese Experimente können sich auf das Aussehen, den Stil, die Freunde, die Aktivitäten und die Zukunftspläne beziehen.

Die Entwicklung der Identität wird von vielen Faktoren beeinflusst

  • der genetischen Anlage
  • der Familie
  • der Kultur
  • der Gemeinschaft
  • eigener Erfahrungen

Jugendliche können auch von anderen Menschen beeinflusst werden: wie Freund:innen, Lehrer:innen und Mentor:innen können ihnen helfen, sich selbst besser zu verstehen und ihre eigene Identität zu entwickeln. 

Das Gehirn

Übrigens:

Verachtung und Ekel sind in dieser Entwicklungsphase die häufigsten Emotionen in der Kommunikation zwischen Eltern und ihren 14-16 jährigen Kindern. Um herauszufinden, wer man selbst ist, muss man erst erkennen, wer man nicht ist. Seine eigene Identität zu finden geschieht also zunächst durch Abgrenzung. Gut zu wissen, dass das ganz normal ist und nicht etwa bedeutet, als Elternteil etwas falsch gemacht zu haben.

Wie gehe ich am besten mit Teenagern um?

„Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen“, hat Johann Wolfgang von Goethe einmal gesagt. Wurzeln, solange sie klein sind, und Flügel, wenn sie größer werden.

Im Leben bewegen wir uns immer zwischen den beiden Polen Nähe und Autonomie. Damit es uns gut geht, wollen beide Bedürfnisse gesehen und genährt werden. Allerdings ist in bestimmten Zeiträumen jeweils eines der Bedürfnisse wichtiger. 

Wenn in der Kindheit ein gutes Fundament mit einer starken Bindung das Bedürfnis nach Sicherheit und Nähe gestillt hat, entwickeln Kinder schon im Alter von ca. zwei Jahren den Wunsch, ihren Willen durchzusetzen. Was früher oft als Trotzphase abgetan wurde, wird heute deshalb als “Autonomiephase” bezeichnet. 

Das Streben nach Individualität und Unabhängigkeit erreicht in der Pubertät einen neuen Höhepunkt. Es ist deshalb wichtig, Teenager als unabhängige und denkende Individuen zu behandeln und ihnen die Möglichkeit zu geben, ihre Meinungen und Gefühle auszudrücken. 

Die beiden Bedürfnisse Autonomie und Nähe 

Die Balance zwischen diesen beiden Bedürfnissen (Autonomie und Nähe) zu finden, ist der Schlüssel, um Teenager gut in diesem Lebensabschnitt zu begleiten. 

Einerseits brauchen sie die Freiheit, “hinauszusegeln”, sich auszuprobieren und eigene Fehler machen zu dürfen. Andererseits gibt ein “sicherer Hafen” den notwendigen Halt, wenn die Stürme draußen rauer sind als erwartet. 

Dafür sind folgende Verhaltensweisen hilfreich: 

Selbstständigkeit von Teenagern fördern

Wie lernen Menschen, Entscheidung zu treffen? Indem sie Entscheidungen treffen! Wie erkennen sie, welche Entscheidungen gut sind? Nun, dafür müssen sie erstmal auch eine ganze Reihe schlechter Entscheidungen fällen.

Während der Pubertät kommen Jugendliche immer mehr dahin, Verantwortung für ihr eigenes Leben zu übernehmen. Das können wir ihnen nicht abnehmen. Stattdessen müssen wir es aushalten, dass unser eigenes Urteil nicht immer auch das Beste für jemand anderen sein muss.

Ermutigen wir stattdessen die Jugendlichen, ihre eigenen Fehler zu machen und Verantwortung für ihre Handlungen zu übernehmen. Im Zweifelsfall begleiten wir sie dann durch die Konsequenzen. Bitte nicht mit dem Kommentar “Ich habs dir doch gesagt…”!

Klare Regeln und Grenzen auch für Teenager

In dem Bestreben, bedürfnisorientiert und auf Augenhöhe mit Kindern und Jugendlichen umzugehen, haben Grenzen in den letzten Jahren eine negative Konnotation erhalten. Das alte Bild von Erziehung setzt Grenzen gleich damit, streng zu sein, hart zu bleiben und bloß nicht einzuknicken. Regeln, Strafen, Konsequenzen. Viele Erwachsene von heute haben das zu Genüge in ihrer eigenen Kindheit erlebt. Doch weder knallharte Strafen noch ein völliges Laissez-faire sind hilfreich.

Stattdessen bringt das Kommunizieren eigener Grenzen vor allem eines: Klarheit. Um eigene Werte zu entwickeln, orientieren wir uns an den Werten, die uns vorgelebt werden. Genauso wichtig wie Zugeständnisse und persönliche Freiheiten, ist deshalb ein klares, liebevolles und verbindendes Nein.

Vorbild sein

Wie heißt es so schön?

Erziehung ist zwecklos: Kinder machen uns sowieso alles nach.

Auch Jugendliche lernen noch durch Beobachtung und Nachahmung (auch wenn sie manchmal genau das Gegenteil von dem tun, was sie bei ihren Eltern sehen). Langfristig hilft die Klarheit über die eigenen Werte und das Vorleben dieser den Teenagern jedoch dabei, ihr eigenes Verhalten zu reflektieren (und ggf. auch zu verbessern).

Einfach nur Zuhören

Ein alter Kalenderspruch lautet: Ratschläge sind auch Schläge.

Das möchte wirklich niemand – erst recht nicht, wenn gerade das Bedürfnis nach Eigenständigkeit aufblüht. Was Jugendliche aber brauchen, ist jemand, dem sie sich anvertrauen können.

Wirklich zuhören bedeutet, dass Du einen grundlegenden Perspektivwechsel machst. Nämlich dass Du davon ausgehst, dass das, was Du denkst, wahrnimmst und fühlst, nicht unbedingt die generelle Wahrheit ist. Zuhören bedeutet, dass ich zwei Sichtweisen nebeneinander stelle, ohne zu sagen, eine ist richtig und eine ist falsch.

Wenn ich jemandem zuhöre, sehe ich mich als Leinwand, auf der der andere sein Bild nach und nach entstehen lassen kann. Es bringt dem anderen überhaupt nichts, wenn wir versuchen, ihnen eine Entscheidung abzunehmen oder sie in eine Richtung zu schubsen. Sei einfach da und höre zu. Dann kannst du vielleicht auch schon erkennen, welche Persönlichkeit in dem jungen Menschen steckt. 

Teenager sein – Erinnerst du dich noch?

Als ich selbst in der Pubertät steckte, saß ich manchmal stundenlang im abgedunkelten Zimmer und hörte melancholische Musik. Einmal hab ich mich nachts rausgeschlichen (sorry, Mama!), ganz dramatisch mit einem Abschiedsbrief auf dem Nachtisch. Trotzdem (oder auch gerade deswegen) bin ich zu einem ganz vernünftigen erwachsenen Menschen geworden. 

Erinnerst du dich noch an deine eigene Pubertät?

Vielleicht ist das der beste Tipp, um mit den Teenagern von heute umzugehen. 

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